Die Geschichte von
Kölleda:
Als Siedlung "Collide" schon
786 erstmals urkundlich erwähnt (durch den Mönch Lullus), gehörte
Kölleda zu dem reichen Thüringer Besitz des Klosters Hersfeld und
wurde im Mittelalter durch die Grafen von Beichlingen, später durch die
Herren von Werthern verwaltet. Eine alte Chronik bezeichnete die Siedlung übrigens
als "Colonia
ad Onestrutum" (Köln an der Unstrut). Im Volksmund wird Kölleda
aber bis heute oft "Kuh-Kölln" genannt. Das soll daher kommen,
weil einst ein vornehmer Reisender, der lange vor einem Stadttore auf Einlass
warten mußte, in dieser Zeit die
stattlichen, zahlreichen Rinderherden am Stadtrand von Kölleda ausgiebig
betrachten konnte. Auf die Frage, wie diese Stadt wohl heiße, vor deren
Toren er so lange warten müsse, nannte man ihm deren Namen, worauf der
Reisende erwiedert habe, daß der Name "Kuhcölln" im Unterschied
zu Köln am Rhein recht gut passe für
diese Stadt.
Geistlicher und
Weltlicher Besitz in und um Kölleda ist seit dem
frühen Mittelalter urkundlich nachweisbar. Besonders die Reichsabtei Hersfeld
war hier begütert. Zu den weltlichen Herren, die zu Einfluss und Besitz gelangten,
gehörten die Käfernburger Grafen und die Grafen von Beichlingen. Im 16. Jahrhundert
traten die Herren von Werthern die Besitznachfolge der Beichlinger Grafen an.
Nach dem Ort benannte sich ein Rittergeschelcht, das mit Vinnold von Kullide
im Jahr 1195 erstmals urkundlich fassbar wird. Kölleda erhielt 1392 Stadtrecht.
Kriege, aber auch Seuchen und Brände haben die Stadt oft heimgesucht.
Um 1830 kam in und um Kölleda der Anbau von Heilpflanzen auf. Diesem, sich
schnell entwickelnden Gewerbe verdankte Kölleda sehr bald die Bezeichnung "Pfefferminzstadt".
Der Anabu von Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen hat bis zum heutigen Zeitpunkt
eine gewisse Bedeutung behalten
Die gewöhnliche Annahme, wonach es von "goll" (Sumpf) herrühre,
weil die Gegend früher einen See bzw. Sumpf gebildet habe, ist zu beanstanden,
weil der Name so ungewöhnlich, der Sumpf aber etwas so Gewöhnliches ist, daß
es wohl viele Orte mit dieser Form geben müßte. Im keltisch=irischen findet
man "Kelle Die" (später lateinisiert Culdei) für Männer Gottes, womit die christlichen
Missionare Irlands von den Angelsachsen bezeichnet wurden. Diese Sendboten
erschienen schon im 7. Jahrhundert in Thüringen, allen voran Killian (Kyllena)
mit seinen Gefährten, der von Würzburg her über Hersfeld zu unseren heidnischen
Vorfahren vordrang und auch die Gegend von Erfurt besucht hat. Ihm folgten
später Bonifatius und Wigbert. Das diese Missionare an den Orten, wo sie das
Evangelium verkündeten, auch schon Kirchen gebaut hätten, ist nicht anzunehmen.
Dies geschah wohl erst von ihren Nachfolgern im Laufe der folgenden Jahrhunderte.
Aber auch unter den Siedlungen, welche diese "Männer Gottes" besuchten, wurden
gewiß diejenigen bevorzugt, welche ihrer Lage und Zugänglichkeit nach Sammelplätz
für die Umwohner bildeten und wo eine Halle oder sonstiges geeignetes Obdach
Versammlungen und Ansprachen begünstigten. Das ein solcher Ort seinen Namen
mit Rücksicht auf die Anwesenheit der Heiligen Männer (Kelle Dei) erhalten
hat, dürfte naheliegen.
Das dies bei Cölleda zutrifft, wird noch wahrscheinlicher dadurch, daß die
später verfallene Peter-Paulskirche gebaut worden ist, welche schon frühzeitig
(802) eine besondere Bedeutung und Reichtümer besaß. Also scheint sie an einer
Stelle gegründet zu sein, welche schon vor Bonifatius, und zwar durch die Tätigkeit
des irischen Missionars Killian zu besonderem Ansehen erhoben war. Hierbei
sei erwähnt, daß die irischen Missionare ein biblisches Christentum vetraten,
welches von der Unterwerfung unter den römischen Papst weit entfernt war, also
unserem evangelischem Christentum, wie es aus der Reformation hervorgegangen
ist, näher stand. Erst sein Nachfolger Bonifatius machte solcher - Selbstständigkeit
ein Ende.) Daher auch die Vermutung, daß auch der Name Cölleda (früher Cullida)
jener Zeit entstammt, wo die "Kull Die" oder Kelledei dort das Evangelium verkündeten
und den Mittelpunkt für die Christianisierung der Umgebung schufen.
Collide
erstmals 786 erwähnt
Stadtgeschichte anno 1986 nachgezeichnet
Für 786
werden durch den Mönch Lullus eine Reihe von Orten zwischen Unstrut und Saale genannt,
unter ihnen "Collide". Natürlich kann heute nicht mehr ermittelt werden,
wann sich hier eine Ansiedlung bildete. Fest steht und durch zahlreiche Funde
bewiesen, daß das Gebiet um Kölleda bereits zur Zeit der Urgesellschaft besiedelt
war. So sind im Heimatmuseum Pfeilspitzen aus der jüngeren Steinzeit zu sehen;
reichhaltiges Material ist aus der Brandkeramiker- und Schnurkeramikerzeit
zu bewundern. Außerdem wurde 1863 in der Kölledaer Flur ein Grab aus der
Bronzezeit entdeckt. Grabbeigaben aus etwa 30 Bestattungsstätten der näheren
Umgebung beweisen die Entwicklung des Handwerks und einen Tauschhandel während
der römischen Kaiserzeit (1. bis 4. Jhdt. unserer Zeitrechnung). Später gehörte
die Gegend zum 531 durch die Franken zerschlagenen Thüringer Reich und wurde
Bestandteil des fränkiuschen Gaues Enzilin. In dieser Zeit erfolgt die endgültige
Feudalisierung, verbunden mit der Christianisierung der ehemals freien Bauern.
1005 übereignete ein Graf Günther dem Kloster Hersfeld Güter
und Rechte in Collithe.
Typisch für die damalige feudale Zersplitterung war, daß mehrere geistliche
und weltliche Feudalherren Rechte im Ort besaßen und die Einwohner verschiedenen
Herren abgabepfichtig waren. Zwar erhält Hersfeld im 11. Jahrhundert
die Oberherrschaft über Kölleda und festigte sie durch das 1266 erbaute Nonnenkloster
St. Benedikti, doch sagt eine Urkunde von 1271 aus, daß z.B. das Münzrecht
dem Abt von Hersfeld dem Grafen von Beichlingen gemeinsam gehörte - jeder
durfte eine Seite der Münzen Prägen lassen.
Bis zum 13. Jhdt. entwickelte sich Kölleda zu einem immer bedeutenderen
Marktflecken, sicherlich begünstigt durch einige damals bedeutende Verkehrswege,
z.B. Erfurt - Eisleben und Artern - Naumburg. Zu dieser Zeit waren die Grafen
von Beichlingen bereits die obersten Herren der Stadt. 1392 erläßt Friedrich
VI. von Beichlingen eine Stadtordnung, die bis zum Beginn des
17. Jhdt. gültig war. Es kam nicht zu einer formalen Verleihung des
Stadtrechts. Diese Erscheinung war damals gar nicht so selten. Ähnlich
war es in Erfurt und anderen sogenannten gewachsenen Städten. Man kann als
sicher einschätzen, daß mit der Stadtordnung eine schon bestehende Tatsache
huristisch bestätig t und anerkannt wurde.
Aus der Stadtordnung 1392: "Wir, Graf Friedrich von Gottes Gnaden z u Beichlingen...
beurkunden in diesem gegenwärtigen Briefe..., daß wir... unserer Stadt Kölleda
Stadt recht gegeben haben ... in solcher Weise wie die umliegenden Städte
unseres Herrn, des Landgrafen zu Thüringen: Weimar, Weißensee und Buttstädt
und anderen Städten z u Thüringen..."
Im folgenden werden die mit der Verleihung verbundenen
Rechte der Bürger
in 12 Punkten dargelegt, u.a.
Sollen jährlich 12 Ratsleute
gewählt werden, die der Herrschaft den Treueid zu schwören haben. Sie üben
auch die niedere Gerichtsbarkeit aus. Die höhere Gerichtsbarkeit (Körperverletzung,
Totschläge) behält sich der Graf vor;
erhalten die
Kölledaer Bürger das Recht, eigenes Bier unnd eigenen
Wein auszuschenken. Dafür sind dem Grafen Abgaben zu zahlen
Dürfen sich
die Bauern in den Besitzungen der Beichlinger Grafen in der Stadt ansiedeln,
wenn vorher ein anderer ihr Land mit allen
Verpflichtungen an Abgaben und Frohndiensten übernommen hat.
Schließlich wollten die Herren auch nicht auf die kleinste Abgabe
und die geringste Arbeitsleistung verzichten - wobei diese gar nicht gering
waren. Interessant ist eine Aussage am Schluß der Stadtordnung. Sollte das
Stadtrecht aus irgendeinem Grunde erlöschen oder in andere Hände übergehen,
so müßten die Bürger den ihnen überlassenen "Keller unter dem Kaufhaus" - dem
Grafen zurückgeben. Die Urkunde schließt mit dem Satz: " Damit alle diese vor-
und nachbeschriebenen Rede Stücke und Artikel stets und ganz gehalten
werden, hängen wir Graf Friedrich, Herr zu Beichlingen, unser Siegel wissentlich
an diese öffentliche Urkunde, die gegeben ist nach Gottes Geburt im tausenddreihundertzwei
und neunzigsten Jahre am Abend des St. Katharina, der heiligen Jungfrau."
Die großen
Stürme der deutschen frühbürgerlichen Revolution erfaßten auch das Gebiet
um Kölleda. Im näheren Umkreis fanden entscheidende Ereignisse des Großen
deutschen Bauerkrieges statt. Bei Frankenhausen wurden die Bauern 1525 von
einem Fürstenheer entscheidend geschlagen, im Wasserschloß Heldrungen tobte
sich die Rache des Grafen von Mansfeld an Thomas Müntzer aus. Die Kölledaer
blieben von diesen Ereignissen nicht unberührt. Ein Vorspiel zum Handeln gegen
den Willen der Obrigkeit fand hier bereits1523 statt. Herzog Georg von Sachsen
stand im Gegensatz zum KurfürstenFriedrich von Sachsen der Reformation friedlich
gegenüber. Es zeugt schon von Mut, wenn in Kölleda ein Prediger den neuen Glauben predigen
durfte, und zwar mit Duldung oder gar Unterstützung des Rates der Satdt. Das
bezeugt ein Brief Herzog Georgs an den Grafen von Werthern, in dem am 06. Mai
1523 gefordert wird:
"... Bürgermeister, Ratsherren, Schultheiß, Stadtschreiber, Schulmeister und
sonstige Begünstigte des als Prediger aufgenommenen entlaufenen Mönches..."
in das Gefängnis einzuleifern. Am 2. Juni verzichtet der Herzog selbst auf das
Gericht über die genannten Bürger, verlangt aber ausdrücklich vom Stadtherrn,
eben dem Grafen von Werthern, eine Bestrafung der Schuldigen, zumal sie ihn
nicht nur predigen ließen, sondern "ihn hatten laufen lassen", anstatt ihn festzunehmen,
wie der Herzog befohlen hatte.
Als im April 1525 die Bauern aus Thüringen in Massen zum Haufen
strömten und Thomas Müntzer die Führung übernahm, waren auch die Bauern aus
Kölleda dabei. Sie hatten Abgaben und Fronarbeit zu leisten. Vermutlich am
30. April stürmten sie das Kloster. Als Anführer werden Claus Schmitt, Hans
Poss, Hans Stettler, Hans Beichling, Heinrich Sulz, Jakob Heidenreich und Kunz
Reinbott genannt. Sehr wichtig ist, daß offensichtlich einige dieser Männert
zur Stadtarmut gehörten, also kein oder sehr wenig Land besaßen.
Am 12.06.1526 nämlich entschuldigt sich der Rat der Stadt beim Herzog Georg,
der den Bürgern nach dem Sieg über die Bauern eine hohe Geldbuße auferlegt
hatte "haben wir uns zusammen fügen müssen durch Leute... die nichts zu verlieren
gehabt".
Daß diese Kräfte besonders revolutionär handelten, geht auch aus
einem Brief Herzog Georgs an den Grafen Albrecht von Mansfeld vom 5. Mai 1525
hervor, wo er fordert, bei Mühlhausen, Erfurt, Frankenhausen, Kindelbrück,
Kölleda- " wo der Aufstand zuerst ausbrach, etliche Dörfer abbrennen, Bewaffnete
Bauern auf dem Felde erstechen
Vor die Schlösser von Wiehe und Beichlingen waren am 2. Mai 1525
neben Bauern aus Frohndorf, Beichlingen, Wiehe und anderen Dörfern auch Kölledaer
gezogen. Sie forderten eine Herabsetzung der Abgaben und der Fronarbeit und
wurden durch Zugeständnisse beschwichtigt. Die herren waren in ihrer Furcht
vor den Volksmassen zu solchen Zugeständnissen bereit, zumal sie von dem aus
Hessen heranziehenden Söldnerheer der Fürsten den Sieg über die Bauern erhofften.
Bei Franken hausen trafen sich diese von von Langensalza heranziehenden Truppen
mit den von Eckartsberga anrückenden Söldnern des Herzog Georg. Am 14. Mai
schlug das Fürstenheer die eine ungünstige Stellung einnehmenden Bauern bei
Frankenhausen vernichtend, über 5000 Bauern wurden wurden vor allem auf der
Flucht in die Stadt getötet, über 600 Gefangene gefoltert und ermordet. Kölleda
wurde vom Herzog mit der damals ungeheuren Summe von 715 Gulden Strafgeld belegt.
Zum Vergleich - ein Knecht erhielt damals 5 Gulden Jahreslohn, ein Zimmermann
6 Gulden, ein Schweinehirt 2 Gulden. Diese Summe mußte von 143 Bauern und Bürgern
aufgebracht werrden.
Quelle: Kölledaer
Anzeiger - Januar 1997
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